Antwort zur Situation der Stauwehre
Die FDP-Fraktion im Regionalrat Köln hatte Ende Mai einen Fragenkatalog an die Bezirksregierung geschickt. Sie wollte wissen, wie die aktuelle technische und juristische Situation der Aggerstauwehre in Engelskirchen ist, da es hier einige Unklarheiten gibt.
In ihrer Beantwortung geht die Bezirksregierung darauf ein, dass sie bereits 2014 den Prozess der so genannten vertieften Überprüfung im Rahmen des § 75 Landeswassergestz NRW gestartet und bei den jeweiligen Betreibern der Stauanlagen Nachweise eingefordert hat.
Da der Betreiber der Stauwehre an der Agger in Engelskirchen diesen Aufforderungen nicht rechtzeitig nachgekommen ist sah sich die Behörde zwischenzeitlich zu ordnungsrechtlichen Maßnahmen gezwungen.
Auf Nachfrage von Reinhold Müller in der letzten Sitzung des Regionalrats erklärte der zuständige Dezernent der Bezirksregierung, dass für die Sicherstellung der Durchlässigkeit für Wanderfische anfallende Kosten vom Betreiber zu tragen sind.
„Es ist festzuhalten, dass eine zukunftsorientierte Lösung für die technischen Defizite an dem Stauwehr Ohl/Grünscheid nunmehr rasch erfolgen sollte.“, so Reinhold Müller abschließend.
Die leicht zusammengefasste Beantwortung der Fragen:
- Welche Anforderungen erfüllt der Betreiber der Stauanlage Ohl-Grünscheid in Engelskirchen derzeit nicht, bzw. bis wann sind diese von ihm zu erfüllen?
Die Stauanlage Ohl-Grünscheid erfüllt derzeit nicht die Anforderungen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik.
Der Anlagenbetreiber muss im Rahmen der Vertieften Überprüfung nachweisen, dass die Anforderungen an der Stauanlage erfüllt werden.
Die Vertiefte Überprüfung umfasst die Nachweise hinsichtlich der Hydrologie, der Hydraulik, der Geotechnik, des Massivbaus, des Stahlwasserbaus und dem Betrieb der Stauanlage.
Konkret: Im Rahmen der Überprüfung des Stahlwasserbaus wurden sicherheitstechnische Mängel an tragenden Bauteilen des Stahlwasserbaus festgestellt.
Aus diesem Grund wurde angeordnet, die Stauspiegel vollständig abzusenken.
Die Stauhaltung der Anlage Ohl-Grünscheid ist deshalb derzeit abgestaut.
- Wann liegt das Niederschlag-Abfluss-Modell (NA-Modell) des Aggerverbands für die einzelnen Wehranlagen an der Agger vor?
Das Niederschlags-Abfluss-Modell wird der Aggerverband voraussichtlich 2022 vorlegen.
- Wann ist die vertiefte Überprüfung durch die Bezirksregierung Köln beendet?
Die vertiefte Überprüfung (Details in der Antwort zu Frage 1) ist vom Betreiber der Stauanlage durchzuführen.
Erst müssen die Ergebnisse aus dem Niederschlags-Abfluss-Modell (Aggerverband in 2022) vorliegen, dann kann die Vertiefte Überprüfung abgeschlossen werden.
Die vom Betreiber vorgelegten Nachweise werden von der Bezirksregierung abschließend geprüft.
- Warum findet diese vertiefte Überprüfung erst jetzt statt?
Die Bezirksregierung hat 2014 alle Talsperrenbetreiber gebeten die vertiefte Überprüfung bis 2016 durchzuführen und abzuschließen.
Der Abschluss verzögert sich bei der Stauanlage Ohl-Grünscheid sowie an den anderen Stauanlagen an der Agger aus folgendem Grund:
Im Zuge der Maßnahmenplanung hat sich der Aggerverband 2016 bereit erklärt, ein Niederschlag-Abfluss-Modell (NA-Modell) für das Einzugsgebiet der Agger zu erstellen.
Mit Hilfe des NA-Modells kann unter Beachtung der örtlichen Gegebenheiten nachgebildet werden, wie sich aus Niederschlagsereignissen der Abfluss in der Agger entwickelt.
Angesichts der zögerlichen Umsetzung (durch den Betreiber) der Vorgabe aus 2014 wurde 2018 ein ordnungsrechtliches Vorgehen der Behörde eingeleitet und sogar gerichtlich bestätigt. Der Betreiber musste den Nachweis, dass die Anforderungen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik für die Bauteile des Stahlwasserbaus erfüllt sind, für alle ihre Kraftwerke erbringen.
Der Nachweis des Stahlwasserbaus ist für die Standsicherheit der Stauanlage Ohl-Grünscheid von entscheidender Bedeutung, da innerhalb dieses Nachweises die Funktionalität des beweglichen Wehrverschlusses geprüft und dargestellt wird. Im Falle eines erfolgreichen Nachweises ist sichergestellt, dass der bewegliche Wehrkörper auch im Hochwasserfall gehoben werden kann und somit der komplette Fließquerschnitt für das Abflussgeschehen zu Verfügung steht.
Mit erfolgreichem Nachweis des Stahlwasserbaus ist somit ein akutes Versagen der Stauanlage und infolgedessen eine Gefährdung für Leib und Leben nicht zu befürchten.
Der Betreiber konnte die Ordnungsgemäßheit des Stahlwasserbaus für die Stauanlage Ohl-Grünscheid nicht erbringen.
Aus diesem Grund habe wurde angeordnet, den Stauspiegel der Stauanlage aus Gründen der Sicherheit vollständig abzusenken. Auch diese Verfügung wurde gerichtlich bestätigt und mittlerweile ein Zwangsgeld festgesetzt.
- Wie ist die Perspektive der Stauwehre an der Agger im Lichte der Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie, insbesondere der Vorgabe der Durchlässigkeit der Agger auch für Lachse und andere Wanderfische?
Die Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie zur Herstellung der Durchgängigkeit finden Berücksichtigung im bestehenden Bewirtschaftungsplan und im Entwurf des neuen Bewirtschaftungsplans.
Mit dem Umweltministerium ist eine Strategie abgestimmt, die zielführend die Durchgängigkeit und den Mindestabfluss der Agger behandelt. Bei erforderlichen Sanierungsmaßnahmen soll im Rahmen von erforderlichen Planfeststellungs- oder Genehmigungsverfahren auch die Durchgängigkeit und der Mindestabfluss betrachtet werden.